Beschluss des Bundestages

Inhalte dieser Seite






Mit höchstem Votum der Bundesregierung überwiesen

Auf Grundlage einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses vom 5. Juli 2023 hat der Deutsche Bundestag einstimmig den Beschluss gefasst, Kernanliegen unserer von rund 100.000 Menschen unterstützten #SIGNforMECFS-Petition („Versorgung, Forschung und politische Unterstützung für ME/CFS-Betroffene!“) der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Dabei handelt es sich um das höchstmögliche Votum zugunsten einer Petition an das Parlament. Dies stellt einen großen Erfolg unseres Projekts und einen wichtigen Schritt im Kampf um Fortschritte auf dem Feld von ME/CFS in Deutschland dar. Der Deutsche Bundestag bringt mit dem Votum zum Ausdruck, dass er die betreffenden Anliegen unserer Petition für begründet hält und fordert die Bundesregierung zugleich auf, Abhilfe zu schaffen. Dies betrifft die Schaffung medizinischer Versorgung für ME/CFS-Betroffene, die Aufklärung der Ärzteschaft sowie von Sozialversicherungsträgern und die Ausweitung der Forschungsförderung.

Die Überweisung an die Bundesregierung erfolgte nun in den letzten Tagen. In einem ersten Schritt wird die Bundesregierung anschließend zu dem Beschluss des Bundestages schriftlich Stellung nehmen. Damit ist gemäß der Verfahrensgrundsätze des Petitionsausschusses in der Regel in einigen Wochen zu rechnen. Das parlamentarische Verfahren betreffend unsere Petition ist somit grundsätzlich abgeschlossen, der politische Prozess insgesamt ist es dagegen nicht. Vielmehr liegt es nun an der Bundesregierung, durch zielgerichtetes und entschlossenes Regierungshandeln die verheerende Situation ME/CFS-Betroffener in Deutschland endlich wirksam zu verbessern.




Offene Briefe an die Bundesregierung

Aus diesem Anlass wenden wir uns nun per offenem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und an Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. Im Schreiben an unseren Bundeskanzler (pdf) schildern wir noch einmal die dramatische Lage ME/CFS-Betroffener in Deutschland und bitten den Regierungschef, insbesondere durch Zuweisung erforderlicher Haushaltsmittel an die zuständigen Fachressorts eine Politik des Respekts für alle ME/CFS-Betroffenen zu einer Priorität zu machen. Im Schreiben an den Bundesgesundheitsminister (pdf) fordern wir diesen auf, sein Engagement für ME/CFS auch im Rahmen vorhandener Haushaltsmittel zu intensivieren. Nicht zuletzt regen wir ein weiteres Mal eine breitenwirksame Aufklärungskampagne über ME/CFS an. Eine solche Kampagne zählt zu den Anliegen unserer #SIGNforMECFS-Petition und könnte die Lebenssituation hunderttausender ME/CFS-Betroffener in Deutschland effektiv und schnell verbessern. Beide Briefe wurden mitgezeichnet durch die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V., den Fatigatio e.V. – Bundesverband ME/CFS, die Lost Voices Stiftung sowie durch #MillionsMissing Deutschland.




Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Von der Begründung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses sind wir inhaltlich allerdings in mancherlei Hinsicht enttäuscht. So ist bereits äußerst irritierend, dass ME/CFS darin sowohl als „Chronisches Müdigkeitssyndrom“ wie auch als „Chronisches Erschöpfungssyndrom“ bezeichnet wird. Beide Begriffe entsprechen weder der deutschen Fassung des ICD (hierzu empfehlen wir diesen Beitrag der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS e.V.), noch dem etablierten Sprachgebrauch von Institutionen wie dem IQWiG, dem RKI, der DEGAM und anderen. Vor allem aber werden beide Bezeichnungen von Betroffenen als bagatellisierend und irreführend entschieden abgelehnt. Entsprechendes gilt für die verharmlosende Bezeichnung des Symptoms der Fatigue als bloße „Erschöpfung“, das zudem unzutreffend als charakteristisch für ME/CFS eingeordnet wird. Tatsächlich ist das Kardinalsymptom von ME/CFS nicht die bei vielen Erkrankungen auftretende Fatigue, sondern die sog. Post-Exertionelle Malaise (kurz: PEM). Wir hoffen, dass insbesondere in diesen Punkten noch die von uns vorgeschlagenen redaktionellen Änderungen berücksichtigt werden können.

Ferner werden in der Beschlussempfehlung einige Mythen wiederholt, die implizieren, dass fehlende Versorgungs- und Therapieangebote letztlich auch auf die schwierige Diagnosestellung oder das Nichtvorhandensein eines „schlüssigen Krankheitsmodells“ von ME/CFS zurückzuführen seien. Entsprechende Äußerungen finden sich seit vielen Jahren (teilweise wortlautidentisch) in Textbausteinen des Bundesministeriums für Gesundheit. Tatsächlich sind es aber genau Mythen dieser Art, die Fortschritte auf dem Feld von ME/CFS verhindert haben. Die klinische Diagnose von ME/CFS kann nämlich klar gestellt werden und es handelt sich bei ME/CFS insbesondere nicht um eine Ausschlussdiagnose (vgl. m.w.N. hier). Verwiesen sei insoweit auf die Kanadischen Konsenskriterien oder die Internationalen Konsenskriterien als etablierte Diagnosekriterien, sowie ferner auf internationale Leitlinien und Expertenkonsense. Dass der genaue Pathomechanismus von ME/CFS dabei bis heute nicht vollständig geklärt ist, steht weder einer medizinischen Versorgung Betroffener noch der Erforschung von ME/CFS entgegen, wie zahlreiche Beispiele anderer schwerer Erkrankungen mit ebenfalls ungeklärtem Pathomechanismus belegen.

Zudem möchten wir hervorheben, dass wir uns eine inhaltliche Auseinandersetzung mit allen unseren Forderungen gewünscht hätten, insbesondere soweit sich der Petitionsausschuss diesen offenbar nicht anzuschließen vermochte. So bleibt nämlich unklar und aus unserer Perspektive mithin nicht nachvollziehbar, weshalb etwa eine Ergänzung von § 116b SGB V oder auch breitenwirksame Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen zu ME/CFS, durchgeführt durch die BZgA unter Beteiligung Betroffener, nicht befürwortet werden konnten. Gerade in diesem Zusammenhang sei noch einmal auf die öffentliche Anhörung vom 14. Februar 2022 sowie auf unsere schriftliche Stellungnahme (pdf) hierzu verwiesen.




Herzlicher Dank

Abschließend danken wir sehr herzlich allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages, die sich für Anliegen, Erfolg und Wahrnehmung unserer #SIGNforMECFS-Petition eingesetzt haben und dies auch weiterhin tun. Im Rahmen vieler persönlicher Gespräche und anderer Kontakte durften wir den Eindruck gewinnen, dass das Bewusstsein für die unhaltbare Lage ME/CFS-Betroffener beständig im Wachsen begriffen ist und dass viele Abgeordnete dauerhaft an unserer Seite bleiben werden.




Verlinkte Dokumente



Stand dieser Seite: 27. September 2023